H5P Interactive Video

» Allgemein » H5P Interactive Video

Franka Ander

H5P Interactive Video


Kurzbeschreibung

Sowohl im Präsenzunterricht als auch in der Selbstlernzeit haben Videos eine wichtige Bedeutung: Die Schüler*innen genießen eine “entspannte” Stunde, wichtige Informationen können in großer Zahl aufgenommen und im Anschluss vertiefend diskutiert werden. Aus pädagogischer Sicht ist die Diskussion über die Inhalte der Vorführung am Wichtigsten. Hierbei können auch kontroverse Ansichten aufeinandertreffen, wobei die Lernenden dann die Fähigkeit entwickeln, ihren Standpunkt zu vertreten. (Schoblick 2021, S. 170)
Für die Selbstlernzeit werden digital übertragene Videos ebenfalls konsumiert. Gegenüber der Präsenzphase hat dies einen Nachteil: Sie werden ohne direkte Reflexion angesehen, wodurch die Gefahr entsteht, dass die Inhalte nur beiläufig aufgenommen werden und anschließend schnell wieder verloren gehen. Das H5P-Tool Interactive Video soll dem entgegenwirken. Ein für den Unterricht passend ausgewähltes Video kann an bestimmten Marken angehalten und durch interaktive Inhalte – z.B. einen Vertiefungstext, ein Lückentext oder Reflexionsfragen – ergänzt werden. Wie das funktioniert, stellt die Autorin im folgenden Beitrag vor. (Schoblick 2021, S. 170)

Steckbrief


Einsatzszenarien

“Als Lehrkraft möchte ich das Lernen nachhaltig gestalten.”

Im Unterricht lassen sich durch die Verwendung von digitalen Medien eine Menge an Informationen präsentieren. Doch der größte Teil von Informationen geht wieder verloren. Bestimmte Prozesse müssen aktiviert werden, damit Informationen ins Langzeitgedächtnis überführt werden können.

Die Informationen, welche über Sinneskanäle eingehen, werden in sensorischen Registern für kurze Zeit zwischengespeichert: Auditive Informationen bis zu drei Sekunden, visuelle dagegen für weniger als eine Sekunde. Im weiteren Schritt kann das Arbeitsgedächtnis Informationen aus diesen Speichern abrufen, wenn die Aufmerksamkeit auf bestimmte Inhalte gerichtet wird. (Kerres 2018, S.171)

Was passiert nun mit den Informationen, die im Arbeitsgedächtnis gehalten werden können?

Es finden unterschiedliche Lernverarbeitungsprozesse statt, von denen es abhängt, ob die Information in das Langzeitgedächtnis überführt werden kann oder nicht.

Lernen wird als (Weiter-)Entwicklung von Schemata aufgefasst, bei der eine Erweiterung oder Veränderung vorliegender Schemata stattfindet (s. a. JEAN PIAGETS Theorie der Assimilation und Akkommodation).

Lernen knüpft immer an vorhandenes Wissen an und gelingt nur dann, wenn neue Informationen mit Vorwissen aus
dem Langzeitgedächtnis verknüpft werden: Die Elaboration von Schemata verbindet Neues mit Altem.

Dazu müssen bereits bestehende Schemata aus dem Langzeitgedächtnis aktiviert werden.” (Kerres 2018, S. 172)

Wenn also die Aufmerksamkeit auf bestimmte Informationen gerichtet wird, ist dies bereits ein aktiver Vorgang. Die Aktivierung von Lernenden – etwa über ein Interactive Video – ist eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches und nachhaltiges Lernen. Die kognitiven Prozesse – neue Wissensinhalte und die Verbindung mit Vorwissen – ist entscheidend für den Verbleib im Langzeitgedächtnis und damit für den Lernerfolg. (Kerres 2018, S. 173)

Beispiel für ein Interactive Video auf H5P.org

“Als Lehrkraft möchte ich meinen Schüler*innen eine digital unterstützte Lernsituation bereitstellen.”

Die Nutzungsmuster von jungen Lernenden zeigen, dass diese Online-Videos nicht nur zur Unterhaltung nutzen, sondern auch gezielt zum Lernen gebrauchen. Entweder sie suchen nach bestimmten Themen oder produzieren selbst Videos zu bestimmten Themen. Das Suchen und Anschauen von Videos zu gezielten Themen bedeutet auf der Ebene der Rezeption das Lernen am Modell und vertiefend das Lernen durch Reflexion. Werden Videos selbst produziert, bedeutet dies Lernen durch Lehren.

Lernen mit Hilfe von Online-Videos kann vorerst als Prozess des Nachahmens verstanden werden. Eine Handlung wird als Video dokumentiert und kann jederzeit wiederholend betrachtet werden. Eine weiter Qualität gewinnt das Lernen mit Videos durch das Reflektieren und Analysieren von dargestellten Handlungssituationen. Das Lernen durch Reflexion von Videos erfolgt in sechs Bereichen: Erfassen einer Komplexität von Realität, Wissen erweitern, Wissen flexibler machen, Theorie und Praxis verbinden und einen Perspektivenwechsel durchführen. (Rummler 2012, S. 12 ff.)

Sehr gern werden Unterrichtsvideos als Werkzeuge in der Aus- und Weiterbildung eingesetzt. Dort haben sie auch eine Brückenfunktion zur Diskussion von Unterrichtsthemen. Dabei kann entweder die Form von kurzen ausgewählten Sequenzen oder ganzer Unterrichtseinheiten verwendet werden.

Generell lässt sich feststellen, das Videos sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden sollten. Ihre Einbindung in den zeitlichen Ablauf sowie die Aufgabenstellung und deren Bedeutung, müssen für Lernende und Lehrende Sinn machen. Nur so kann eine Lehrkraft Lernenden eine gut aufeinander abgestimmte digitale Lernsituation bereitstellen. (Rummler 2012, S. 12ff.)

Tutorial für den H5P Inhaltstypen Interactive Video

Video-Tutorials

Besonderheiten

Videos hochladen und konfigurieren

Für das Hinzufügen von Videos gibt es folgende Möglichkeiten:

Hochladen eines eigenen Videos im mp4- und/oder webm-Format

Verlinkung auf ein Video in Youtube oder einer HTML5-Website.

Die Verwendung von Videos mittels Verlinkung hat den Vorteil, das die Datei nicht auf das eigene System geladen werden muss und demnach keinen extra Speicherplatz verbraucht. Der Nachteil ist, das die Verfügbarkeit auf einer externen Quelle nicht garantiert werden kann. (Schoblick 2021, S. 174)

Hinzufügen von Interaktivitäten:
Für eine Interaktivität im Video ist eine Unterbrechung der Wiedergabe erforderlich. An der markierten Stelle wird ein weiterer Inhaltstyp aktiviert, z.B. Lückentexte, Wahr/Falsch-Fragen u.a. Ist die Frage beantwortet, kann das Video fortgesetzt werden. An bestimmten – vorab festgelegten – Stellen wird das Video unterbrochen, um das Erlernte zu Überprüfen. Zu jeder Frage kann dann auch ein individuelles Feedback formuliert werden. (Schoblick 2021, S.176)

Zusammenfassung:
Am Ende eines Videos bietet der Inhaltstyp H5P-Interactive Video eine Zusammenfassung an, die aus verschiedenen Fragen besteht. Hierbei sollen die Schüler*innen dazu bewegt werden, die Inhalte des Videos noch einmal zu rekapitulieren. Das funktioniert in der Zusammenfassung mit der Formulierung von einfachen Wahr/Falsch-Aufgaben (Schoblick 2021, S. 177)

Auswirkungen von Videos auf das Lernen

Eine Menge an Informationen lassen sich über digitale Medien präsentieren. Doch ein großer Teil an Informationen wird im Arbeitsgedächtnis nach kurzer Zeit wieder vergessen. Bestimmte Prozesse müssen stattfinden, damit Informationen im Arbeitsgedächtnis verbleiben. Damit Lernen funktioniert, müssen diese Prozesse angeregt werden.
Informationen, die im Arbeitsgedächtnis verbleiben, unterliegen unterschiedlichen Verarbeitungsprozessen. Diese entscheiden, ob die Informationen ins Langzeitgedächtnis überführt werden oder nicht. Lernen knüpft demnach immer an vorhandenes Wissen an und gelingt auch nur, wenn neue Informationen an Vorwissen aus dem Langzeitgedächtnis verbunden werden können.
Häufig ist das Lernen rein auf die Rezeption von Informationen ausgerichtet – ohne Aktivität der Lernenden. Wenn demnach Videos ohne Interaktion im Unterricht verwendet werden, dann findet passives Zuhören und Zusehen statt. Es werden weder Informationen aufgenommen noch verarbeitet. (Kerres 2018, S. 170ff.)
Dem wirkt das H5P-Tool Interactive Video entgegen. An bestimmten Stellen kann ein Video unterbrochen werden und durch Interaktionen ergänzt werden, z.B. können Multiple Choice Fragen überprüfen, ob die Lernenden den Inhalt des Videos verstanden haben. Hierbei bietet sich die wichtige Möglichkeit, Inhalte eines Videos zu vertiefen und zu diskutieren.

Möglichkeiten und Grenzen

Möglichkeiten:
Lernende können aktiv an der Gestaltung von Unterrichtsmaterialien mitwirken und bekommen für die geleistete Arbeit ein unmittelbares Feedback. Dieses Feedback hilft ihnen, Wissen gezielt zu vertiefen.
H5P unterstützt digitale Lehrmittel und bietet viel Kreativität und Interaktivität. Der zunächst sehr hohe Aufwand bei der Erstellung von H5P Inhaltstypen kann durch deren Wiederverwendbarkeit und den Austausch von Inhalten deutlich reduziert werden. (Schoblick 2021, S. 7)

Grenzen:
Die meisten Plugin-Systeme oder Webplattformen sind meistens für kleine Dateigrößen ausgelegt. Das bedeutet, das ein Upload und die Wiedergabe sehr großer Dateien oft gar nicht möglich ist. Eine Veränderung der Dateigröße kann das Problem jedoch häufig beheben.
Ebenso können auch Probleme auftreten, wenn z.B. die moodle-Konfiguration keine Verarbeitung von HTML5-Videos oder mp4-Dateien zulässt. Unter Umständen müssen diese durch Administratoren aktiviert werden. (Schoblick 2021, S.171)
Eine Verlinkung auf eine externe Videoquelle unterliegt dem Risiko, dass die Inhalte möglicherweise nicht dauerhaft verfügbar sind, da diese auf externen Systemen verwaltet werden. Hierbei sind selbstverständlich auch entsprechende Nutzungs- und Urheberrecht zu beachten. (Schoblick 2021, S. 171)

Das könnte auch interessant für Sie sein …


Beispiel 1: Interactive Video, erstellt für den eigenen Unterricht (Quelle: (1504) Vier Fakten über Rotaviren – das sollten Eltern wissen – YouTube [letzter Zugriff: 27.03.2023])

Beispiel 2: Interactive Video, erstellt für den eignen Unterricht (Quelle: (1504) Bestandteile des Immunsystems – Einführung – YouTube [letzter Zugriff: 27.03.2023])

Weitere Infos

H5P.org
EinstiegH5P
H5P im Überblick

Quellen

Rummer, K. (2017): Lernen mit Online-Videos – Eine Einführung. Medienimpulse, Jg. 55, Nr. 2, 2017
Schoblick, R. (2021): Multimedial lehren und lernen. Digitale Lerninhalte erstellen mit H5P, Carl Hanser Verlag, München, 2021
Sander, U.; Gross, F. Hugger, K. (Hrsg.) (2008) Handbuch Medienpädagogik. Verlag für Sozialwissenschaften, 1. Auflage, Wiesbaden, 2008
Lieber, G. (Hrsg.) (2013): Lehren und Lernen mit Bildern. Ein Handbuch der Bilddidaktik. Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler, 2013, 2. grundlegend überarbeitete und ergänzte Neuauflage
Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.) (2018): Medien- und IT-Kompetenz als Eingangsvoraussetzung für die berufliche Ausbildung – Synopse. Bonn, Verlag Barbara Budrich, 1. Auflage 2018
Klimsa, P.; Ludwig, J,. (Hrsg.) (2011): Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München. Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH
Merkt, M.; Schwan, S. (2016): Lernen mit digitalen Videos. Der Einfluss einfacher interaktiver Kontrollmöglichkeiten. In: Psychologische Rundschau, 67/2, Hogrefe Verlag., S. 94-101
Tulodziecki, G.; Herzig, B.; Grafe, S. (2019): Medienbildung in Schule und Unterricht. Grundlagen und Beispiele. Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn, 2. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Franka Ander

Pflegepädagogin am Bremer Zentrum für Pflegebildung – Studentin im Masterstudiengang “Berufspädagogik Pflegewissenschaft” – Diplom-Pflegwirtin (FH) – Pflegepädagogin (B.A.)

Verknüpfte Schlagwörter

Lern-App produzieren Video

Lizenzinformationen

Erstellt am 15. November 2022 um 15:41 Uhr. Zuletzt geändert am 1. Juni 2023 um 10:35 Uhr.